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„Es ‚dürfte Niemand Japan so gut kennen wie ich‘ – Impressionen aus dem Japantagebuch (1873–75) des Geographen Johannes Justus Rein“

ein Vortrag von Tobit Nauheim, Geographisches Institut der Universität Bonn

Online per Zoom – Mittwoch, 16. März 2022, 19:00 Uhr

 

Im Auftrag des preußischen Handelsministeriums wurde J. J. Rein im Jahr 1873 nach Japan entsandt, um der deutschen Wirtschaft das Wissen um die traditionellen Industrien (Papier-, Porzellan- & Lackherstellung) des über Jahrhunderte hinweg verschlossenen Landes zugänglich zu machen. Während seiner zweijährigen Reisetätigkeit führte er darüber hinaus zahlreiche geographische Untersuchungen durch, trat mit der Bevölkerung in Kontakt und beschritt für westliche Wissenschaftler weitgehend unbekanntes Terrain. Es ist also nicht verwunderlich, dass Rein kurz vor seiner Abreise an den Verleger August Petermann schrieb, dass er Japan wie kein Zweiter kenne und daher die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Abhandlung plane. Diese legte er einige Jahre später in Form eines umfassenden länderkundlichen Werks vor, das Rein zu einem Begründer der europäischen Japanforschung machen sollte. So hielt er auch in Marburg, wo er im Anschluss an seine Reise auf den Lehrstuhl für Geographie berufen wurde, die erste akademische Vorlesung über Japan in Deutschland. In den Jahren 1883–1910 forschte und lehrte er in Bonn, trug zur Institutionalisierung der Geographie an der Universität bei und pflegte weiterhin seine Beziehungen nach Japan.

Im Fokus des Vortrags sollen jedoch nicht jene Ergebnisse der Reise Reins stehen, sondern der Forschungsprozess selbst. Wie gestaltete sich der Alltag des Geographen in Japan? Wie erlangte er neues Wissen über das sich in raschem Wandel befindende Land? Welche Rolle spielte die Zusammenarbeit mit Japaner:innen in diesem Erkenntnisprozess? All das ist durch sein akribisch geführtes Reisetagebuch, das vor kurzem ediert wurde, zu rekonstruieren.

Nicht zuletzt soll die Veränderung seines Japanbilds im Spiegel seiner Aufzeichnungen und seiner Biographie besprochen werden. So wich bspw. Reins anfänglich im Reisetagebuch notierter „ungünstige Eindruck“ der Bewohner:innen Japans einer gegenseitigen Wertschätzung sowie einer produktiven Zusammenarbeit, die noch Jahre nach seiner Rückkehr nach Deutschland fortbestand.
 



Tobit Nauheim
Seit Oktober 2020 wiss. Mitarbeiter und Promovend in der AG Historische Geographie (Prof. Winfried Schenk) am Geographischen Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn; zuvor Studium der Geographie, Geschichte, kath. Theologie und Bildungswissenschaften in Bonn und Prag. Herausgeber der Japan-Reisetagebücher Johannes Justus Reins in Zusammenarbeit mit Prof. em. Shigekazu Kusune (Univ. Kanazawa), Prof. Winfried Schenk (Univ. Bonn) und Prof. Toshihiro Yoshida (Kokugakuin Univ. Tokyo).

Quellenangaben für die Bilder
Portrait: Johannes Justus Rein (ca. 1873); Quelle: Archiv Dr. Jürgen Schwalm
Japankarte: REIN, Johannes Justus (1879): Höhenbestimmungen in Japan während der Jahre 1874 und 1875. In: Petermann’s Mittheilungen. Über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammtgebiete der Geographie. Aus Justus Perthes‘ Geographischer Anstalt 25, S. 292–297, hier: S. 293.